Macron kritisiert Israels Vorgehen im Gazastreifen - Scholz betont "Solidarität"
Nach der EU-Gipfeleinigung zum Nahost-Krieg sind die unterschiedlichen Haltungen Deutschlands und Frankreichs wieder offen zutage getreten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verschärfte zum Abschluss der Beratungen am Freitag seinen Tonfall gegenüber Israel und übte Kritik an dem Vorgehen des Landes im Gazastreifen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hob dagegen die Solidarität der 27 Mitgliedsländer mit Israel hervor.
Macron sagte zum Abschluss des zweitägigen Gipfels: "Wir sind der Ansicht, dass die vollständige Blockade, undifferenzierte Bombardierungen und erst recht die Aussicht auf eine massive Bodenoperation nicht geeignet sind, die Zivilbevölkerung angemessen zu schützen." Zugleich erkannte er aber "das Recht und den legitimen Willen an, den Terrorismus zu bekämpfen."
Scholz wollte Macrons Äußerungen nicht kommentieren. Er verwies aber auf die gemeinsame Gipfelerklärung der EU-Staaten, die eine "klare Haltung" der Mitgliedsländer zeige. "Wir stehen solidarisch an der Seite Israels", fasste der Kanzler diese zusammen.
Macron sprach sich nach den Beratungen zudem für eine "humanitäre Waffenruhe" aus, um den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu ermöglichen. Damit ging er über die Formulierungen in der mühsam zustande gekommenen Gipfelabschlusserklärung hinaus.
Scholz hatte sich zusammen mit Österreich und anderen Israel-nahen Ländern dafür eingesetzt, Formulierungen wie "Waffenruhe" oder "Feuerpause" zu vermeiden, um das Recht Israels auf Selbstverteidigung gegen die radikalislamische Hamas nicht in Frage zu stellen. Stattdessen forderten die Staats- und Regierungschefs in ihrer Erklärung "Korridore und Pausen zu humanitären Zwecken" im Gazastreifen. Dieser Beschluss sei "sehr sehr wertvoll", sagte der Kanzler.
Macron rief die israelischen Behörden zudem auf, der "Gewalt gewisser Siedler" im Westjordanland gegen palästinensische Zivilisten ein Ende zu setzen.
Scholz kündigte seinerseits an, in Gesprächen mit Vertretern aller Seiten im Nahen Osten auf einen Abbau der Spannungen zu dringen. "Ich glaube, dass alle gemeinsam hier Einfluss ausüben müssen, dass es nicht weiter zu einer Eskalation kommt", betonte der Kanzler.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1400 Menschen getötet und nach jüngsten israelischen Angaben 229 Menschen als Geiseln verschleppt wurden. Als Reaktion riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete massive Luftangriffe. Seit Beginn der israelischen Angriffe wurden nach Hamas-Angaben, die nicht unabhängig überprüft werden konnten, im Gazastreifen mehr als 7300 Menschen getötet.
W.Phillips--TNT