Forderung nach Feuerpause bei Nahost-Gipfel - Israel verstärkt Luftangriffe
Staats- und Regierungschefs aus aller Welt haben auf einem Nahost-Gipfel eine Feuerpause zwischen Israel und der Hamas gefordert. Diese solle unter anderem "massive" humanitäre Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen ermöglichen, sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Samstag in Kairo. Wenige Stunden nach Ankunft der ersten Hilfsgüter im Gazastreifen kündigte die israelische Armee eine sofortige Verstärkung der dortigen Luftangriffe an.
Im Gazastreifen ereigne sich derzeit eine "humanitäre Katastrophe", sagte Guterres und forderte ein weltweites "Handeln zur Beendigung dieses schrecklichen Albtraums". Es müsse "viel mehr" Hilfe für die 2,4 Millionen Bewohner des palästinensischen Gebietes geben.
Auch Jordaniens König Abdullah II., dessen Land ebenso wie Gipfel-Gastgeber Ägypten seit Jahrzehnten zu den Vermittlern im Nahostkonflikt zählt, forderte eine "sofortige Waffenruhe". Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi betonte seinerseits, dass auch die Palästinenser ein "Recht auf einen eigenen Staat" hätten. Diese Forderung wurde auch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erhoben, der ein "Ende der israelischen Besatzung" der Palästinensergebiete forderte.
An dem Gipfel nahmen zudem EU-Ratspräsident Charles Michel sowie Regierungschefs beziehungsweise Außenminister mehrerer europäischer Länder teil. Auch Vertreter der USA, Russlands, Chinas, Japans und Kanadas waren vor Ort.
Für Deutschland war Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) präsent. Auch sie setzte sich für mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen ein und rief dazu auf, "zwischen Terroristen und Zivilbevölkerung" zu unterscheiden. Zugleich betonte sie erneut das Selbstverteidigungsrecht Israels.
Nach Angaben von arabischen Diplomaten konnte sich die Teilnehmer des "Cairo Summit for Peace" nicht auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen. Während westliche Vertreter eine "klare Verurteilung" des Vorgehens der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas gefordert hätten, hätten arabische Vertreter dies abgelehnt.
Ungeachtet der Forderungen nach einer Feuerpause kündigte ein israelischer Armeesprecher am Abend an, die Luftangriffe im Gazastreifen würden ab sofort verstärkt. "Wir müssen in die nächste Phase des Krieges unter bestmöglichen Bedingungen eintreten", sagte er. Die Luftangriffe auf das Palästinensergebiet sind Israels Reaktion auf den am 7. Oktober erfolgten Großangriff der Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert. Zugleich bereitet die israelische Armee eine Bodenoffensive vor. Palästinensische Gruppierungen schießen weiterhin täglich Raketen in Richtung Israel.
Am Morgen waren erste internationale Hilfslieferungen im Gazastreifen eingetroffen. In den vergangenen Tagen hatten sich dutzende Lastwagen an der Grenze zwischen Ägypten und dem von der Hamas beherrschten Gebiet gestaut, das Israel seit dem Großangriff täglich angreift und auch komplett abgeriegelt hat.
Am Samstag nun passierten insgesamt 20 Lastwagen den Grenzübergang in Rafah, wie AFP-Reporter berichteten. Nach der Durchfahrt der Lastwagen wurde der Grenzübergang zunächst aber wieder geschlossen. Der Grenzübergang Rafah ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Zugang zum Gazastreifen.
Die Grenzöffnung zur Lieferung von humanitärer Hilfe war von US-Präsident Joe Biden vermittelt worden. Israel stimmte unter Bedingungen zu. Die Hilfsgüter dürfen demnach nur im Süden des Palästinensergebiets an Zivilisten verteilt werden und nicht in die Hände der Hamas fallen. Nach Einschätzung der UNO müssten täglich mindestens hundert Lastwagen mit Hilfsgütern den Gazastreifen erreichen, um die Bevölkerung grundlegend zu versorgen.
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths betonte nach dem Beginn der Lieferungen, dass dieser erste Konvoi nicht der letzte bleiben dürfe. Auch US-Außenminister Antony Blinken appellierte an "alle Parteien, den Grenzübergang Rafah offen zu halten und so anhaltende Hilfslieferungen zu ermöglichen".
Die Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet und dabei nach israelischen Angaben mindestens 1400 Menschen getötet sowie rund 200 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion auf den Angriff riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete dort massive Luftangriffe. Nach Angaben der Hamas wurden seit Kriegsbeginn mindestens 4385 Menschen in dem Gebiet getötet und 13.561 weitere verletzt.
T.F.Russell--TNT