Menschen im Gazastreifen warten weiter auf humanitäre Hilfe
Anderthalb Wochen nach Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas warten die Menschen im Gazastreifen weiter auf humanitäre Hilfe. Obwohl sich in Ägypten wartende Lkw-Konvois mit Hilfsgütern am Dienstag auf den Weg zur Grenze machten, blieb der Grenzübergang Rafah geschlossen. US-Außenminister Antony Blinken konnte nach langen Gesprächen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lediglich eine Einigung auf die Ausarbeitung eines Hilfsplans verkünden.
Die Bewohner des Gazastreifens sind dringend auf Hilfe angewiesen, nachdem Israel das Palästinensergebiet vollständig abgeriegelt und die Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Strom und Treibstoff eingestellt hatte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Montag gewarnt, der Gazastreifen verfüge nur noch über Wasser für 24 Stunden.
"Die Situation ist katastrophaler als ich es mir hätte vorstellen können", sagte der Palästinenser Dschamil Abdullah, der auch die schwedische Staatsbürgerschaft hat und auf eine Ausreise aus dem Gazastreifen hofft. "Auf den Straßen liegen Leichen. Häuser stürzen über ihren Bewohnern zusammen. Überall ist Blut. Überall ist der Geruch der Toten."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei einem Besuch in Tel Aviv, er habe mit Netanjahu über "die Möglichkeit eines verbesserten humanitären Zugangs zum Gazastreifen gesprochen". Blinken seinerseits sagte nach fast achtstündigen Beratungen mit Netanjahu, Israel habe versprochen, ausländische Hilfe zuzulassen. US-Präsident Joe Biden hoffe bei seinem Israel-Besuch am Mittwoch zu erfahren, wie humanitäre Hilfe geleistet werden könne, ohne dass sie der Hamas zugute kommt.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet. Sie feuerte tausende Raketen aus dem Gazastreifen ab und drang mit hunderten Kämpfern nach Israel ein, die dort ein Blutbad unter Zivilisten anrichteten. Nach israelischen Angaben wurden mehr als 1400 Menschen getötet und mindestens 199 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Die israelische Armee nahm den Gazastreifen daraufhin unter Dauerbeschuss und bereitet zudem eine Bodenoffensive in dem dicht besiedelten Palästinensergebiet vor. Mehr als eine Million Menschen aus dem Norden flüchteten bereits in den Süden des Gazastreifen. Die Zahl der Todesopfer durch israelische Angriffe stieg nach Angaben der Hamas bis Dienstag auf rund 3000. Unter den Toten ist demnach auch ein ranghoher Kommandeur des militärischen Arms der Hamas.
International wächst auch die Sorge vor einer Ausweitung des Konflikts. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian drohte Israel mit einer "Präventiv-Aktion der Achse des Widerstands". Die Bezeichnung "Achse des Widerstands" steht für palästinensische, libanesische, syrische und weitere Bewegungen, die dem Iran nahe stehen und Israel feindlich gesonnen sind.
Die israelische Armee meldete unterdessen die Tötung eines vierköpfigen "Terrorkommandos", das versucht hatbe vom Libanon aus nach Israel einzudringen. Die mit der Hamas und dem Iran verbündete libanesische Hisbollah-Miliz bestätigte den Tod von vier Kämpfern im Südlibanon.
Israel kündigte angesichts der Lage die Bewaffnung weiterer Zivilisten an. Zum Schutz bei Notfällen sollen 347 weitere Teams mit insgesamt 13.200 Freiwilligen gebildet werden, wie der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir am Montagabend ankündigte.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin versetztet angesichts der Eskalation des Nahost-Konflikts 2000 Soldaten in Alarmbereitschaft. Bislang sei aber noch keine Entscheidung für einen Einsatz der Soldaten getroffen worden, sagte eine Pentagon-Sprecherin.
K.M.Thompson--TNT