Scholz nach Migrationsgipfel: Offene Fragen werden bis Anfang November besprochen
Nach dem Spitzentreffen zur Migrationspolitik im Kanzleramt richtet sich der Blick auf die nächste Ministerpräsidentenkonferenz Anfang November. Bis dahin "diskutieren Bund und Länder nun die noch offenen Fragen", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstag im Internetdienst X (vormals Twitter) und sprach insgesamt von einem "freundlichen und konstruktiven Austausch". Auch der Städtetag wertete das Treffen als Erfolg, die Union erwartet unterdessen eine Umsetzung ihrer Migrationsvorschläge.
An dem Abendessen im Kanzleramt hatten am Freitag neben Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) teilgenommen. Sie leiten derzeit die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder. Merz sprach anschließend von einer "guten Atmosphäre" und auch Scholz schrieb, Regierung, Länder und Union "bewerten viele Punkte ähnlich". Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst.
Die Länder hatten zuvor ein gemeinsames Positionspapier zur Migrationspolitik vorgelegt. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, "zeitnah" die Voraussetzungen für eine Bezahlkarte für Geflüchtete zu schaffen, um Geldzahlungen zu vermeiden. Zudem verlangten die Länder, dass Asylanträge von Menschen vorrangig bearbeitet werden, die wenig Aussicht auf ein Bleiberecht haben, sowie eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten.
Die CDU-Vertreter Merz und Rhein legten einen eigenen Katalog zur "Begrenzung illegaler Migration" mit 16 nationalen Maßnahmen und zehn weiteren Schritten auf europäischer Ebene vor. Scholz soll demnach in einer Regierungserklärung klar machen, dass Deutschlands Aufnahmekapazitäten "erschöpft" seien und dass maximal eine Asylzuwanderung von 200.000 Menschen pro Jahr verkraftbar sei.
Verlangt werden zudem die "Einführung lageangepasster, stationärer Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz", Transitzonen für beschleunigte Asylverfahren für Geflüchtete mit geringer Bleibeperspektive und die Einstufung von Algerien, Marokko, Tunesien und Indien als sichere Herkunftsstaaten. Außerdem soll zur Verringerung der Attraktivität Deutschlands ein eigenes Sozialleistungsniveau "für abgelehnte Asylbewerber und Personen im Asylerfahren unterhalb des Niveaus des Bürgergelds" geschaffen werden.
"Jetzt liegt es am Kanzler, unser Angebot anzunehmen", sagte dazu Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der "Rheinischen Post". Gefragt seien nun "konkrete Schritte, um illegale Migration nach Deutschland und Europa zu begrenzen und deutlich zu reduzieren".
CDU-Chef Merz sagte dazu der "Welt am Sonntag", Scholz müsse "öffentlich einen Aufruf an diejenigen richten, die sich auf den Weg zu uns machen wollen". Der Appell müsse lauten: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es eine Bleibeperspektive in Deutschland gibt. Also macht Euch bitte erst gar nicht auf den Weg."
Der Deutsche Städtetag wertete das Treffen als Erfolg, warnte aber nun vor einem "Weiter so". Vizepräsident Burkhard Jung (SPD) sagte der "Rheinischen Post", trotz fehlender konkreter Beschlüsse sei das Treffen das "schon lange notwendige wichtige Signal" gewesen, dass die "Hilferufe aus den Städten in der Bundespolitik angekommen sind und die Bereitschaft besteht, gemeinsam handfeste Lösungen zu suchen".
"Bund und Länder sowie Regierung und Opposition dürfen nach den Gesprächen jetzt aber nicht in alte Muster zurückfallen und sich gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben", fuhr der Leipziger Oberbürgermeister fort. Die Vorschläge der Länder bei der Ministerpräsidentenkonferenz zu mehr Rückführungen und schnelleren Asylverfahren seien der richtige Ansatz. "Jetzt muss auch der Bund Farbe bekennen", sagte Jung.
Der Präsident des Landkreistags, Reinhard Sager, forderte Aufnahmezentren an den deutschen Außengrenzen, um die Migration zu begrenzen und zu steuern. "Wir brauchen Zentren für die Registrierung der Ankommenden auf deutschen Flughäfen und auch an den deutschen Außengrenzen", sagte er dem "Tagesspiegel". Am 6. November bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz müsse zudem "klar sein, dass die Bezahlkarte kommt".
O.Nicholson--TNT