Debatte in "Ampel" um Kurs nach Wahl-Verlusten nimmt an Fahrt auf
In der Ampel-Koalition nimmt die Debatte um den künftigen Kurs nach den Wahlverlusten in Bayern und Hessen an Fahrt auf. SPD-Chefin Saskia Esken sagte am Dienstag, die Ampel-Partner müssten insbesondere bei den Themen Migration und Inflation "nachschärfen". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich in einer ersten Reaktion auf die Wahlen besorgt über die deutlichen Gewinne der AfD.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte, Inhalte und Prioritäten der Koalition auf den Prüfstand zu stellen. "Die Koalition muss ihre Regierungsarbeit nun gemeinsam kritisch reflektieren", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Wir müssen uns fragen, wo wir als Koalition nicht den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger entsprechen."
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki forderte die Kanzler-Partei SPD zu einer Kursänderung in der Migrationspolitik auf. Die Sozialdemokraten müssten eine Lösung mittragen, "ohne auf die bremsenden Grünen Rücksicht zu nehmen", sagte er der "Rheinischen Post". FDP-Chef Christian Lindner hatte am Montag für Gespräche in der Koalition auf einen Koalitionsausschuss am 20. Oktober verwiesen.
Die bisherige Politik der Ampel-Regierung werde nicht so wahrgenommen wie erhofft, sagte Esken den Sendern RTL und ntv. Deswegen sei ganz klar, dass die Koalitionspartner "noch mal auch nachschärfen, was wir dort tun". Insbesondere die Bereiche Migration und Inflation würden von den Bürgerinnen und Bürgern "als Problematik empfunden".
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte, es gebe in der Gesellschaft einen "Verlust von Vertrauen" bei der Frage, ob es genug Sicherheit und Stabilität gebe. Wie Esken verwies sie darauf, dass die Wahrnehmung der Ampel-Politik in der Bevölkerung trotz guten Lösungen eine andere sei. Es sei deshalb "die größte innenpolitische Aufgabe für die nächsten Monate, Mut, Gemeinsamkeit, Zusammenhalt und Entschlossenheit nach vorne zu stellen".
Die stark gestiegenen Flüchtlingszahlen dürften den Wahlerfolg der AfD unterstützt haben. Sie war am Sonntag bei der hessischen Landtagswahl mit 18,4 Prozent der Stimmen auf Platz zwei hinter der CDU gelandet. In Bayern legte sie ebenfalls deutlich zu und kam hinter CSU und Freien Wählern mit 14,6 Prozent auf den dritten Platz.
"Die Stimmen, die auf eine rechtspopulistische Partei in Deutschland entfallen sind, müssen uns besorgen", sagte Kanzler Scholz zum Abschluss der deutsch-französischen Kabinettsklausur in Hamburg. "Das geht schon um die Verteidigung der Demokratie."
Scholz antwortete aber nicht direkt auf eine Frage, ob er sich den Rechtsruck auch mit der Migrationspolitik erkläre und hier einen Kurswechsel plane. Die Bundesregierung habe "schon sehr lange angefangen, eine sehr konsistente Politik im Umgang mit Migration zu entwickeln", betonte der Kanzler. Es sei klar, dass sie dabei auch dafür Sorge tragen müsse, "dass die irreguläre Migration zurückgedrängt wird". Scholz bekräftigte dabei seine Äußerung, dass die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, "zu hoch" sei.
CDU-Chef Friedrich Merz forderte Scholz erneut auf, schnell irreguläre Migration zu reduzieren. Er zeigte sich überzeugt, dass dieses Thema einer der wesentlichen Gründe für den Wahlerfolg der AfD sei. Er bot dem Kanzler und der Ampel-Koalition erneut Gespräche zur Migrationspolitik an.
M.Davis--TNT