Angriff auf Israel: Debatte um Palästinenser-Hilfen und Bundeswehr-Unterstützung
Deutsche Hilfszahlungen auf dem Prüfstand: Nach dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel wird parteiübergreifend die Einschränkung der Hilfen für die Palästinenser gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte am Dienstag, es müsse sichergestellt werden, dass nicht "irgendeine Struktur unterstützt wird, die etwas mit dem Terrorismus zu tun hat". Auch die Bereitstellung von militärischer Hilfe und sogar die Entsendung von Bundeswehr-Soldaten wird diskutiert.
Es sei "ein Gebot der Notwendigkeit", dass die Hilfen nun nochmals neu überprüft werden, ergänzte der Kanzler. Er verwies jedoch darauf, dass es in vielen Fällen um humanitäre Hilfe gehe. Diese unterstütze Menschen, "damit sie Wasser haben und etwas zu essen haben".
Sein Parteikollege, der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid, warnte ebenfalls davor, die humanitäre Hilfe für die Palästinensergebiete einzustellen. Im Westjordanland und Gazastreifen lebten "ganz viele Menschen in sehr prekären Verhältnissen", sagte er dem Mitteldeutschen Rundfunk. "Wir wollen ja nicht, dass die weiter in die Arme von Terrororganisationen getrieben werden." Deshalb wäre es ein Fehler, diese humanitäre Hilfe einfach einzustellen.
Es gehe nicht um die Infragestellung von humanitärer Hilfe im engsten Sinne wie die Versorgung mit Medikamenten und sauberem Wasser, sagte auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD). Alles andere könne er sich aber "in diesen Zeiten schwerlich vorstellen", sagte er im Deutschlandfunk. Es müsse "wirklich alles" auf den Prüfstand.
"Niemand hat etwas gegen humanitäre Hilfe", bekräftigte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Sie begrüßte zugleich, dass nochmal ganz genau hingeschaut werde, dass die Gelder auch dafür ausgegeben würden.
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, mahnte dabei bessere und gründlichere Prüfungen an. "Man muss sich mehr Mühe machen und schauen, was passiert mit dem konkreten Geld", sagte er in der ARD. Darunter falle auch die Förderung von Schulen in den Palästinensergebieten, die "Terrorismus und Hass auf Israel lehren".
Das Bundesentwicklungsministerium hatte bereits am Sonntag eine Prüfung eingeleitet und Zahlungen an die Palästinenser "vorübergehend ausgesetzt". Dabei geht es um bilaterale finanzielle Unterstützung für dieses und nächstes Jahr von insgesamt 125 Millionen Euro. Gelder für humanitäre Hilfe von 73 Millionen Euro für dieses Jahr sind laut Auswärtigem Amt aber bereits angewiesen.
DIG-Präsident Beck forderte die Bundesregierung auch auf, Israel militärisch zu unterstützen: "Man sollte fragen, ob und welche Hilfe von Israel konkret gebraucht und gewünscht wird", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter schloss auch die Entsendung von Bundeswehr-Soldaten nicht aus. "Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Das muss endlich glaubwürdig unterfüttert werden", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Hilfreich könne ein "Abschreckungseinsatz" mit deutschen Kampfflugzeugen oder durch die Marine sein, "insbesondere aber zum Beispiel eine Bundeswehr-Unterstützung im Sanitätsbereich".
Auch der außenpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Ulrich Lechte, hält es für möglich, im Ernstfall die Bundeswehr einzusetzen. "Wir müssen jede Hilfe, um die Israel bittet, mit unseren Möglichkeiten gewähren", sagte Lechte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Final würde das auch bedeuten, dass wir mit militärischem Gerät oder sogar der Bundeswehr helfen müssten."
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), lehnt Militärhilfen hingegen ab. "Israel braucht keine militärische Unterstützung von uns", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Stattdessen verlangte sie einen viel schärferen Umgang mit dem Iran, den sie als Drahtzieher des Hamas-Großangriffs sieht.
Bundeskanzler Scholz wird am Donnerstag eine Regierungserklärung zu Israel im Bundestag halten. Im Parlament wurde im Vorfeld an einem fraktionsübergreifenden Antrag zu den jüngsten Vorfällen gearbeitet.
T.Allen--TNT