The National Times - Erbitterter Kampf gegen Hamas-Angreifer: Israel offiziell im Kriegszustand

Erbitterter Kampf gegen Hamas-Angreifer: Israel offiziell im Kriegszustand


Erbitterter Kampf gegen Hamas-Angreifer: Israel offiziell im Kriegszustand
Erbitterter Kampf gegen Hamas-Angreifer: Israel offiziell im Kriegszustand / Foto: © AFP

Nach dem Großangriff der radikalislamischen Hamas hat Israel formal den Kriegszustand ausgerufen. "Wir beginnen einen langen und schwierigen Krieg, der uns durch einen mörderischen Angriff der Hamas aufgezwungen wurde", erklärte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Sonntag. Zehntausende israelische Soldaten kämpften im eigenen Land gegen militante Palästinenser, während die Luftwaffe hunderte Ziele im Gazastreifen bombardierte. Derweil hielten Hamas-Kämpfer weiterhin Geiseln aus Israel in ihrer Gewalt, darunter nach Angaben aus dem Auswärtigem Amt offenbar auch Deutsche.

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Der Hamas-Überfall war der schwerste Angriff auf Israel seit einem halben Jahrhundert. Insgesamt wurden in Israel und im Gazastreifen mehr als tausend Todesopfer gemeldet. Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren hatten Ägypten und Syrien sowie arabische Verbündete Israel überraschend von mehreren Seiten angegriffen. In dem sogenannten Jom-Kippur-Krieg konnte Israel nur dank einer US-Luftbrücke die Oberhand zurückgewinnen.

Auch von dem Hamas-Großangriff wurden Israels Armee und Geheimdienste offenbar überrascht. Als Reaktion startete die Armee die Offensive "Eiserne Schwerter". Zehntausende israelische Soldaten seien im Süden Israels im Gebiet rund um den Gazastreifen im Einsatz, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Alle israelischen Bewohner in der Nähe des Gazastreifens sollten binnen 24 Stunden evakuiert werden.

Die Hamas hatte am Samstagmorgen vom Gazastreifen aus tausende Raketen auf Israel abgefeuert und war mit hunderten Kämpfern aus der Luft, zu Land und über das Meer auf israelisches Gebiet vorgedrungen. Bei ihrem Vormarsch nutzten die Angreifer Pick-Ups, Motorräder, Schnellboote und motorisierte Gleitschirme.

Israel sei "kalt erwischt" worden, sagte der Leiter der US-Denkfabrik Scowcroft Middle East Security Initiative, Jonathan Panikoff. "Ich habe viele Vergleiche mit dem 11. September gehört und viele Israelis versuchen zu verstehen, wie das passieren konnte."

Die eingesickerten Hamas-Kämpfer drangen in Kibbuze sowie Städte ein, töteten Bewohner auf der Straße und in ihren Häusern und verschleppten Zivilisten und Soldaten. Die Angreifer stürmten auch ein Rave-Festival und schossen auf die Teilnehmer.

Auf Straßen und in Stadtzentren lagen die Leichen getöteter Zivilisten. Auf israelischer Seite wurden nach Angaben bis Sonntagnachmittag mehr als 600 Tote gezählt. Mehr als 2000 weitere Menschen wurden demnach verletzt, davon 200 lebensgefährlich. Im Gazastreifen wurden nach Angaben der örtlichen Behörden 413 Menschen getötet, unter ihnen 78 Kinder und 41 Frauen. Zudem gebe es 2300 Verletzte.

Unter den Todesopfern waren auch mehrere Ausländer, darunter zehn Menschen aus Nepal, eine Französin, zwei Thailänder, ein kambodschanischer Student und zwei Ukrainerinnen.

Nach israelischen Medienberichten wurden in den Orten Beeri und Ofakim Geiseln befreit. Laut israelischer Regierung verschleppte die Hamas insgesamt mindestens hundert Menschen aus Israel in den Gazastreifen.

Darunter war laut einem "Spiegel"-Bericht womöglich auch eine in Israel lebende 22-Jährige mit deutscher Staatsbürgerschaft. Zudem sagte ein Israeli dem Sender Channel 12 News, seine Frau, ihre beiden kleinen Kinder und die Großmutter, allesamt deutsche Staatsbürger, seien in den Gazastreifen verschleppt worden.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, es sei derzeit davon auszugehen, dass Menschen, die neben der deutschen auch die israelische Staatsangehörigkeit haben, unter den Entführten seien. Ihre Zahl wurde nicht genannt.

Israel kam am Sonntag auch vom Norden her unter Beschuss: Die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz beschoss das Land aus dem Südlibanon nach eigenen Angaben mit Raketen und Artillerie - "aus Solidarität" mit der Hamas, wie die vom Iran unterstützte Miliz erklärte. Die israelische Armee antwortete mit Artilleriefeuer auf Stellungen im Südlibanon.

Netanjahu kündigte nach dem Großangriff der Hamas Vergeltung an und forderte alle Palästinenser zum Verlassen der Stadt Gaza auf. Israel stellte die Lieferung von Strom, Treibstoff und Waren in den Gazastreifen ein. Seit Samstag griff die Armee nach eigenen Angaben rund 800 Hamas-Einrichtungen in dem Palästinensergebiet an. Armeesprecher Hagari sagte am Abend, der "Feind" sei immer noch auf israelischem Gebiet.

Hunderte Menschen flohen im Norden des Gazastreifens mit Lebensmitteln und Decken aus ihren Häusern, wie ein AFP-Reporter berichtete. Auch im Westjordanland, einschließlich des annektierten Ostjerusalem, gab es Gewalt. Laut palästinensischem Gesundheitsministerium wurden dort sechs Palästinenser getötet und weitere 120 verletzt.

Aus vielen westlichen Ländern kamen Solidaritätsbekundungen für Israel. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte zugleich vor einem "Flächenbrand" in der Region und kündigte an, sich für Bemühungen um Vermittlung zwischen Israel und den Palästinensern einzusetzen.

US-Präsident Joe Biden sicherte Israel "felsenfeste und unumstößliche" Unterstützung sowie konkrete Rüstungslieferungen zu. Die US-Armee verstärkte außerdem ihre Präsenz in der Region. US-Außenminister Antony Blinken rief "alle Führungen in der Region" auf, die Angriffe auf Israel zu verurteilen. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi erklärte laut Staatsfernsehen hingegen, sein Land unterstütze "das legitime Recht der palästinensischen Nation auf Verteidigung".

N.Roberts--TNT

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