Zehntausende Spanier demonstrieren gegen Amnestie für katalanische Aktivisten
Zehntausende Spanier haben gegen das Vorhaben demonstriert, Vertretern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung im Gegenzug für deren Unterstützung einer Mitte-links-Regierung eine Amnestie zu gewähren. Die Demonstranten im Stadtzentrum von Barcelona schwenkten am Sonntag spanische und katalanische Flaggen und hielten Schilder mit der Aufschrift "Keine Amnestie". Die Polizei sprach von mehr als 50.000 Teilnehmern, die Organisatoren von 300.000 Demonstranten.
Zu der Kundgebung hatte die Nichtregierungsorganisation Societat Civil Catalana (SCC) aufgerufen, die gegen eine Abspaltung der Region Katalonien von Spanien kämpft. "Eine Amnestie im Gegenzug zu politischen Gefälligkeiten zu erlassen", sei eine "verfassungswidrige Verirrung", erklärte SCC-Anführerin Elda Mata. Auch spanische Spitzen-Politiker wie Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo von der konservativen Volkspartei (PP) und der Chef der rechtsextremen Vox-Partei, Santiago Abascal, nahmen an der Demonstration teil.
Spaniens amtierender sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez hatte im Ringen um eine Regierungsmehrheit den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern eine Amnestie für Aktivisten in Aussicht gestellt, die nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien im Jahr 2017 ins Visier der spanischen Justiz geraten waren.
König Felipe VI. hatte Sánchez vor wenigen Tagen mit der Regierungsbildung betraut, nachdem PP-Chef Núñez Feijóo damit gescheitert war. Der Sozialist muss nun versuchen, eine Mehrheit für seine Wahl zum Regierungschef zusammenzubekommen. Dabei ist Sánchez vor allem auf die Regionalparteien angewiesen - darunter aus dem Baskenland, insbesondere aber auf die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter.
Sánchez' Amnestie-Angebot hat nicht nur bei rechtsextremen und rechtsgerichteten Politikern wütende Reaktionen ausgelöst, sondern auch innerhalb seiner eigenen Partei PSOE. Oppositionsführer Núñez Feijóo sprach vor der Protest-Kundgebung von einem nicht hinnehmbaren "Machtmissbrauch". "Das ist keine Amnestie, die auf Aussöhnung bedacht ist, sie zielt nur darauf ab, das Amt des Ministerpräsidenten zu bekommen", kritisierte er.
S.Arnold--TNT