The National Times - Europäische Asylreform: EU-Staaten einigen sich auf Kompromiss

Europäische Asylreform: EU-Staaten einigen sich auf Kompromiss


Europäische Asylreform: EU-Staaten einigen sich auf Kompromiss

Im Streit um die europäische Asylreform haben sich die EU-Staaten am Mittwoch auf einen Kompromiss geeinigt. Die Mitgliedsländer machten nach Angaben der spanischen Ratspräsidentschaft bei der Sitzung der ständigen Vertreter in Brüssel den Weg für die sogenannte Krisenverordnung frei, die als letzter Baustein der Reform gilt. Die Krisenverordnung sieht deutlich verschärfte Maßnahmen vor, wenn durch besonders viele Migranten eine Überlastung der Asylsysteme droht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Einigung und sprach von einem "historischen Wendepunkt".

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Die Krisenverordnung sieht für den Fall einer "massiven" Ankunft von Migranten die Einführung einer Ausnahmeregelung vor, die Asylsuchenden weniger Schutz bietet als normale Verfahren. Dabei kann die mögliche Dauer der Festhaltung von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen auf bis zu 40 Wochen verlängert werden.

Zudem werden schnellere und einfachere Verfahren zur Prüfung von Asylanträgen für eine größere Zahl von Flüchtlingen ermöglicht. Damit können die Migranten leichter zurückgeschickt werden. Betroffen sind Migranten aus Ländern, deren Anerkennungsquote - also die Quote positiv beschiedener Asylanträge - unter 75 Prozent liegt.

Des Weiteren ist eine schnelle Auslösung von Solidaritätsmechanismen gegenüber dem Mitgliedstaat vorgesehen, der mit der Ankunft der Flüchtlinge konfrontiert ist. Dies gilt insbesondere in Form von finanzieller Hilfe oder einer Verlegung von Asylbewerbern.

Streit gab es zuletzt zwischen Deutschland und Italien um die Rolle privater Seenotrettungs-Organisationen im Mittelmeer. Mit dem nun gefundenen Kompromiss hat sich Italien weitgehend durchgesetzt: Auf Drängen der ultrarechten Regierung in Rom wurde nach Diplomatenangaben ein Absatz aus dem Gesetzestext genommen, der sich auf die Einsätze der Seenotretter bezog.

Er besagte, dass die Folgen dieser Rettungseinsätze nicht für die Feststellung des Krisenfalls herhalten dürften. Der Absatz steht nun nur noch als Zusatzklausel in dem Text. Rom hatte Berlin zuletzt wiederholt vorgeworfen, Organisationen für die Seenotrettung im Mittelmeer zu finanzieren.

Bei der Abstimmung am Mittwoch enthielten sich Österreich, die Slowakei und Tschechien, wie es aus Diplomatenkreisen hieß. Polen und Ungarn stimmten demnach dagegen. Da jedoch eine qualifizierte Mehrheit ausreichte, konnten Warschau und Budapest die Einigung nicht verhindern.

"Die Reform wird irreguläre Migration in Europa wirksam begrenzen und Staaten wie Deutschland dauerhaft entlasten", schrieb Bundeskanzler Scholz am Mittwoch im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Berlin hatte die Krisenverordnung wegen humanitärer Bedenken lange blockiert, Ende September dann aber bereits einem ersten Kompromiss zugestimmt.

Die Bundesregierung habe "hart und erfolgreich darum gerungen, dass es nicht zu einer Aufweichung von humanitären Mindeststandards wie dem Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung kommt", erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Mit der Einigung sei sichergestellt, dass die Krisenverordnung "nur in sehr stichhaltig begründeten Fällen" zum Einsatz kommt.

Der Asylkompromiss dürfe "nicht durch die Hintertür der Krisenverordnung ausgehöhlt werden wie ein Schweizer Käse", fügte Baerbock hinzu. Nun könnten die Verhandlungen über das Gesetzespaket zügig weitergehen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, sie sei sehr froh, "dass wir unsere Vorstellungen von Menschlichkeit und Ordnung durchsetzen konnten". Wichtige Änderungen seien auf deutsche Initiative hin nun umgesetzt worden. "Es gibt keine Herabsetzung von humanitären Standards bei der Aufnahme in Krisensituationen", erklärte Faeser. Es müsse immer eine lückenlose Registrierung aller ankommenden Menschen sichergestellt sein.

"Die Regelungen, die die Krisenverordnung vorsieht, können nur durch einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten im Rat und nicht etwa durch einzelne Mitgliedstaaten aktiviert werden", hieß es von der Bundesinnenministerin. Damit seien die Hürden hoch.

Die seit der Flüchtlingskrise 2015 umkämpfte Asylreform soll bis zur Europawahl im Juni 2024 stehen. Dafür müssen sich die EU-Länder allerdings noch mit dem Europaparlament auf das Gesetzespaket einigen, was ebenfalls als vertrackt gilt.

A.Robinson--TNT

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