The National Times - Eine Million Teilnehmer bei Oppositionsdemo gegen die Regierung in Warschau

Eine Million Teilnehmer bei Oppositionsdemo gegen die Regierung in Warschau


Eine Million Teilnehmer bei Oppositionsdemo gegen die Regierung in Warschau
Eine Million Teilnehmer bei Oppositionsdemo gegen die Regierung in Warschau / Foto: © AFP

Zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Polen haben sich nach Angaben der Warschauer Behörden rund eine Million Menschen an einer Demonstration in der Hauptstadt gegen die rechtsnationalistische Regierung beteiligt. "Das ist definitiv die größte Kundgebung in der Geschichte Warschaus", sagte die Sprecherin des Bürgermeisters, Monika Beuth, am Sonntag. Oppositionsführer Donald Tusk sprach von einem "Wendepunkt".

Textgröße ändern:

"Rund eine Million Menschen" seien dem Aufruf der Opposition zur Kundgebung in der Innenstadt von Warschau gefolgt, erklärte die Rathaus-Sprecherin. Oppositionsführer Tusk sagte zu Beginn des Protestmarsches am Sonntag: "Wenn ich in diese hunderttausenden, lächelnden Gesichter sehe, dann spüre ich, dass der Wendepunkt in der Geschichte unseres Heimatlandes naht."

Mit der Kundgebung unter dem Motto "Marsch der Millionen Herzen" will die Opposition vor der Wahl am 15. Oktober ihre Anhänger mobilisieren. Die liberale Bürgerplattform (PO) von Oppositionsführer Donald Tusk hofft, die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) abzulösen, die vor allem wegen Rechtsstaatsdefiziten mit der EU im Dauerclinch liegt.

Es finde "ein großer Wandel statt", sagte der frühere Ministerpräsident und einstige EU-Ratspräsident Tusk vor seinen Anhängern. "Es ist wichtig, dass ganz Polen sieht, dass niemand mehr Angst vor ihnen hat", hatte er schon am Donnerstag mit Blick auf die Demo und die PiS gesagt.

Zahlreiche Demonstranten strömten nun mit den Flaggen Polens und der EU ins Zentrum der polnischen Hauptstadt. Auch der frühere Präsident und Nobelpreisträger Lech Walesa hat seine Teilnahme angekündigt. Viele Menschen hatten sich bereits in den frühen Morgenstunden in Warschau versammelt. Aus dem ganzen Land waren Demonstranten angereist, um gegen die Regierung zu protestieren.

"Wir haben genug von dem, was wir jetzt erleben", sagte der 65-jährige Kazimierz Figzal aus dem Südwesten Polens, der nach eigenen Angaben sieben Stunden Anfahrt zur Demo in Kauf genommen hatte. Die Freiheit der Menschen werde "beschnitten", sagte er. "Wir wollen Demokratie, für unsere Kinder und Enkelkinder."

Zeitgleich zu der Großdemonstration in Warschau organisierte die PiS am Sonntag ihre eigene Kundgebung im südpolnischen Kattowitz. Der 29-jährige Bartlomiej Piela aus Kattowitz entschied sich nach eigenen Worten aber lieber für die Demo in der Hauptstadt.

Als Grund für seine Teilnahme nannte er "die Verletzung grundlegender Bürgerrechte und der Freiheit der Frauen, selbst zu entscheiden, wie sie leben wollen," sowie "das Ausspielen der polnischen Bevölkerung gegeneinander". Er hoffe, dass "der Marsch die Menschen mobilisieren wird, dies zu ändern", sagte er.

Der rechtsnationalistischen PiS werfen Kritiker vor, die demokratischen Institutionen und insbesondere die Justiz in Polen zu untergraben. Auch Frauen- und Minderheitenrechte werden demnach zunehmend beschnitten.

Zuletzt hatten Regierungsäußerungen zu einem möglichen Stopp von Militärhilfen für die Ukraine für Irritationen gesorgt, obwohl Polen bisher zu den stärksten Unterstützern der Ukraine im Kampf gegen Russland zählt. Zudem brachte ein Skandal um illegale Visavergaben gegen Geld an Migranten die für ihren harten Kurs in der Migrationspolitik bekannte Regierung in Bedrängnis. Im Wahlkampf war von der PiS auch immer wieder eine anti-deutsche Stimmung geschürt worden.

Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Ibris zu den Wahlen führt die PiS derzeit mit 35 Prozent, das Oppositionsbündnis von Tusk kommt demnach auf 27 Prozent der Stimmen. Doch laut Tusk zeigen interne, von seiner eigenen Partei in Auftrag gegebene Umfragen, dass der PiS-Vorsprung auf nur noch zwei Prozentpunkte geschrumpft sei. "Die Chance ist zum Greifen nah, noch ist nichts entschieden", sagte der Oppositionspolitiker Anfang der Woche.

D.S.Robertson--TNT

Empfohlen

Menschenrechtsgericht verurteilt Deutschland wegen Abschiebung eines Syrers nach Athen

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Deutschland wegen der Abschiebung eines Syrers nach Griechenland verurteilt. Die Abschiebung stelle eine Verletzung des Verbots unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung dar, urteilten die Straßburger Richterinnen und Richter am Dienstag. Die deutschen Behörden hätten vor der Abschiebung nicht geprüft, ob der Mann in Griechenland Zugang zu einem Asylverfahren habe, "das verhindert, dass er nach Syrien abgeschoben wird".

Razzia wegen mutmaßlicher Falschaussagen in Prozess um Schleusungen mit hundert Toten

Im Zusammenhang mit einem Prozess wegen Schleusungen über das Mittelmeer mit mehr als hundert Toten haben Ermittler am Dienstag eine Razzia in mehreren Bundesländern gestartet. Es wird wegen Zeugenbeeinflussung und Falschaussage ermittelt, wie die Staatsanwaltschaft Duisburg und die Bundespolizei in Rostock am Dienstag mitteilten. Insgesamt wurden vier Durchsuchungsbeschlüsse in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vollstreckt. Im Einsatz waren rund 140 Beamte.

"Bild": Lindners Steuerpläne sorgen für neuen Koalitionsstreit

Um die Steuerentlastungspläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist offenbar ein Koalitionsstreit entbrannt. Wie die "Bild"-Zeitung am Dienstag unter Berufung auf Koalitionskreise berichtet, blockieren die Grünen die von Lindner geplanten Steuerentlastungen - dieser will deswegen höhere Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung zunächst nicht mittragen. Nun werde an einer Lösung gearbeitet, schrieb das Blatt.

Von der Leyen kündigt neues EU-Gesetz zur Abschiebung von Migranten an

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat einen neuen Gesetzentwurf zur Abschiebung von Migranten angekündigt. Der geplante Vorschlag aus Brüssel habe die Absicht, "den Rückführungsprozess wirksam zu straffen", erklärte von der Leyen in einem am Montagabend veröffentlichten Brief an die 27 Mitgliedstaaten. Die Kommission wolle verhindern, dass Geflüchtete und Migranten "Lücken im System" nutzen, um in der EU zu bleiben.

Textgröße ändern: