Pro-russischer Ex-Regierungschef Fico gewinnt Parlamentswahl in der Slowakei
In der Slowakei ist der pro-russische Ex-Regierungschef Robert Fico, der die Militärhilfe für die Ukraine beenden will, als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgegangen. Nach Auszählung fast aller Stimmen am Sonntag kam Ficos populistische Partei Smer-SD auf 23,3 Prozent der Stimmen und lag weit vor der liberalen Partei Fortschrittliche Slowakei von Michal Simecka. Beobachter gehen davon aus, dass die Slowakei, bisher einer der großen Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland, nun vor einer Kehrtwende in der Außenpolitik steht und sich Ungarn annähern wird.
Am Morgen nach der Wahl vom Samstag waren fast alle Stimmen ausgezählt, die endgültigen Ergebnisse wurden im Laufe des Sonntag erwartet. Die Fortschrittliche Slowakei von Ficos Rivale, EU-Vizeparlamentspräsident Simecka, kam den Angaben der Wahlbehörden zufolge auf 17 Prozent der Stimmen.
Am Samstagabend hatten die ersten Prognosen zunächst noch den Sieg von Simeckas Partei vorausgesagt. In der Nacht wurden dann jedoch Teilergebnisse veröffentlicht, nach denen Fico die Parlamentswahl für sich entschied.
Der 59-jährige Ex-Regierungschef hatte im Wahlkampf erklärt, unter seiner Führung werde die Slowakei an die Ukraine "nicht einen Schuss Munition" liefern, und zugleich zu besseren Beziehungen zu Russland aufgerufen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist die Slowakei bisher einer der größten Unterstützer Europas für die Ukraine; unter anderem schickte Bratislava MiG-Kampfjets an Kiew.
Politikbeobachter gehen davon aus, dass sich Fico nun der Linie des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban anschließen wird, der mit der EU bei zahlreichen Themen über Kreuz liegt und die Bemühungen von EU und Nato zur Unterstützung der Ukraine torpediert.
"Die Slowakei wird von nun an näher an der Linie Ungarns sein als an derjenigen der Mehrheit in Europa", sagte der slowakische Analyst Tomas Koziak der Nachrichtenagentur AFP. "Robert Fico ist ein neuer Verbündeter für Herrn Orban." Der Analyst Grigorij Meseznikov sagte, Fico verbreite "pro-russische Erzählungen".
Fico wird auf die Koalition mit anderen Parteien angewiesen sein, um eine Mehrheit im 150 Sitze zählenden Parlament in Bratislava bilden zu können. Die Smer-SD kommt voraussichtlich auf 42 Sitze. Ein möglicher Partner ist die linksgerichtete Hlas-SD, die voraussichtlich auf 27 Sitze kommt und 2020 aus einer Smer-Abspaltung hervorging.
Parteichef der Hlas-SD ist der ehemalige Ministerpräsident Peter Pellegrini. Beide Parteien könnten sich für eine Mehrheit mit der Slowakischen Nationalpartei (SNS) zusammentun, die vermutlich zehn Sitze erhalten wird. Zusammen kämen die drei Parteien auf eine Mehrheit von 79 Mandaten. Pellegrini hatte erklärt, er halte es für keine gute Idee, eine Regierung mit zwei ehemaligen Ministerpräsidenten zu bilden, allerdings hatte er eine Koalition nicht ausgeschlossen.
Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 slowakischer Regierungschef und hatte dabei zweimal eine Regierung mit der SNS gebildet, die ebenfalls die Militärhilfe für die Ukraine ablehnt. 2018 musste Fico nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter zurücktreten. Kuciak hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und Ficos Regierungspartei recherchiert.
Während des Wahlkampfs wurde die Slowakei von einer Flut von Falschinformationen überschwemmt, die vielfach auf Ficos Rivalen Simecka abzielten. Laut einer Studie des Thinktanks Globsec vom vergangenen Jahr fällt etwa die Hälfte der 5,4 Millionen Einwohner der Slowakei auf populistische Verschwörungstheorien herein.
Eine Wählerin, Eliska Spisakova, sagte, die Smer sei "die natürliche Wahl für arme Arbeiter". Sie habe eine hohe Meinung von Fico, denn er konzentriere sich in erster Linie auf die Bedürfnisse der Slowaken.
Die neue Regierung in Bratislava löst den seit Mai 2023 amtierenden Interims-Regierungschef Ludovit Odor ab, der nicht zur Wahl antrat. Er hatte das Amt bis zur vorgezogenen Parlamentswahl übernommen.
G.Waters--TNT