Slowaken geben in richtungsweisender Parlamentswahl ihre Stimmen ab
In der Slowakei läuft seit Samstagmorgen die vorgezogene Parlamentswahl, die als richtungsweisend für die Demokratie in dem Land und dessen Positionierung zu Russland und der EU gilt. Umfragen deuteten zuletzt auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der populistischen Partei Smer-SD des pro-russischen Ex-Regierungschefs Robert Fico und der liberalen Partei Fortschrittliche Slowakei von EU-Vizeparlamentspräsident Michal Simecka hin.
Bei seiner Stimmabgabe in einer Schule in Bratislava sagte Simecka, er erwarte ein enges Rennen, in dem "jeder Stimmzettel zählen wird". Er hoffe, dass "egal welche Regierung aus dieser Wahl hervorgeht, die Unterstützung der Ukraine fortgesetzt wird". Der Ausgang der Wahl in dem EU- und Nato-Land gilt auch als entscheidend dafür, ob die bisherige militärische Hilfe für die Ukraine im Kampf gegen Russland unvermindert fortgesetzt wird. Die Slowakei hat unter anderem MiG-Kampfjets an Kiew geliefert.
Fico wollte vor der Wahl nicht mitteilen, wo er seine Stimme abgeben würde. Am Samstag veröffentlichte er dann ein Video im Onlinedienst Facebook, das ihn bei der Stimmabgabe in einem Dorf nordöstlich von Bratislava zeigt. Er wolle eine Slowakei, die nicht von "Amateuren und Stümpern ohne Erfahrung" geführt werde, sagte der Ex-Regierungschef.
Die Wahllokale schließen um 20.00 Uhr. Direkt im Anschluss werden erste Hochrechnungen erwartet, bis Sonntagmorgen dürften die Ergebnisse feststehen. Beide Parteien wären im Falle eines Wahlsiegs voraussichtlich auf Koalitionspartner angewiesen, um eine Mehrheit im 150 Sitze umfassenden Parlament zu erreichen.
Smer-SD-Chef Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 slowakischer Regierungschef. 2018 musste er nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter zurücktreten. Kuciak hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und Ficos Regierungspartei recherchiert. In den Jahren danach kehrte jedoch in der slowakischen Politik keine Ruhe ein, seit 2018 gab es insgesamt vier Ministerpräsidenten.
Der unabhängige politische Analyst Grigorij Meseznikov sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Wahl werde über die Schwerpunkte des Landes "in der Außenpolitik, in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik", aber auch "die Zukunft der Demokratie" entscheiden.
Die Slowakei ist während des Wahlkampfs von einer Flut von Falschinformationen überschwemmt worden. Experten zufolge fällt etwa die Hälfte der 5,4 Millionen Einwohner auf Falschinformationen herein. Das Land ist seit Jahren Ziel entsprechender Kampagnen, doch hat "das Desinformations-Ökosystem" vor der Wahl in diesem Jahr seinen "Zenit erreicht", sagt Peter Duboczi von der Website Infosecurity.sk.
Experten zufolge sind vor allem drei Parteien für die Verbreitung anti-ukrainischer und pro-russischer Falschinformationen verantwortlich: die Smer-SD, die nationalistische Republika und die Slowakische Nationalpartei (SNS). Dazu gehört beispielsweise die unbewiesene Behauptung, der Krieg in der Ukraine habe bereits 2014 mit der Tötung russischer Zivilisten durch ukrainische "Faschisten" begonnen - eine oft von Moskau verbreitete These, die sich Fico während des Wahlkampfs zu eigen machte. Der Ex-Regierungschef hat bereits angekündigt, die Militärhilfe für die Ukraine einstellen zu wollen.
Ungeachtet dessen dankte Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj nach einem Treffen mit dem slowakischen Verteidigungsminister am Dienstag der Slowakei im Onlinedienst Telegram für "die Unterstützung der Ukraine".
V.Bennett--TNT