The National Times - Urteil: Sozialversicherungspflicht für VHS-Dozent je nach Einzelfall beurteilen

Urteil: Sozialversicherungspflicht für VHS-Dozent je nach Einzelfall beurteilen


Urteil: Sozialversicherungspflicht für VHS-Dozent je nach Einzelfall beurteilen
Urteil: Sozialversicherungspflicht für VHS-Dozent je nach Einzelfall beurteilen / Foto: © AFP/Archiv

Wer an einer Volkshochschule (VHS) lehrt, ist weder automatisch selbstständig noch automatisch abhängig beschäftigt. Die Sozialversicherungspflicht hängt vielmehr vom Einzelfall ab, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel laut Mitteilung vom Mittwoch entschied. Konkret ging es um einen Studenten, der an einer Volkshochschule in Niedersachsen Kurse zur Vorbereitung auf den Realschussabschluss auf dem zweiten Bildungsweg gab. (Az. B 12 BA 3/23 R)

Textgröße ändern:

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden, da es an Volkshochschulen zahlreiche Honorarkräfte gibt. Gemeinden befürchteten, dass hohe Kosten auf die Volkshochschulen zukommen könnten, wenn sie alle Lehrkräfte anstellen und somit die Hälfte der Rentenversicherungsbeiträge zahlen müssten.

Im Juni 2022 hatte das BSG einer Musikschullehrerin Recht gegeben, die als Honorarkraft angestellt war. Es entschied, dass der Arbeitgeber für sie Sozialbeiträge abführen müsse. Auf dieses Urteil bezogen sich die Vorinstanzen im Fall des Studenten.

Er unterrichtete nur in den Räumen der Volkshochschule und stimmte die Stunden zeitlich ab. Regelmäßig übermittelte er eine Leistungseinschätzung der Schülerinnen und Schüler an die Fachbereichsleitung. Die Rentenversicherung stellte fest, dass er sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei.

Das Sozialgericht Hildesheim hob diesen Bescheid allerdings auf eine Klage der Volkshochschule hin auf, das Landessozialgericht in Celle wies die Berufung der Rentenversicherung zurück. Es erklärte, dass es für die hier maßgebliche Zeit vor dem Juni 2022 eine höchstrichterliche Rechtsprechung gegeben habe, wonach lehrende Tätigkeiten grundsätzlich selbstständig seien, erst mit dem Urteil von 2022 habe sich das geändert.

Dem widersprach das Bundessozialgericht nun. Es gebe keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit - insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule - immer als selbstständig betrachtet werden müsse. Bei jeder Entscheidung, ob jemand sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei, müsse der Einzelfall betrachtet werden.

Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit werde nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorgenommen, betonte das Gericht. Für den konkreten niedersächsischen Fall urteilte es, dass der Student zumindest in den Jahren 2017 und 2018 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Den Zeitraum danach soll das Gericht in Celle erneut prüfen.

T.Hancock--TNT

Empfohlen

Frist verpasst: Verfügung gegen Bericht über transidenten Menschen aufgehoben

Das Landgericht Frankfurt am Main hat eine einstweilige Verfügung eines transidenten Menschen gegen mehrere Onlineartikel aus formalen Gründen aufgehoben. Die Anwältin der Klägerin verpasste eine Frist bei der Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen das beklagte Unternehmen, wie das Landgericht am Donnerstag mitteilte. Diese war zwingend, daher musste die einstweilige Verfügung trotz Rechtsverletzungen aufgehoben werden. (Az.: : 2-03 O 275/24)

BAG: Headset-System unterliegt bei Mithören von Vorgesetzten der Mitbestimmung

Führt ein Unternehmen ein Headset-System ein, über das Vorgesetzte die Kommunikation zwischen Beschäftigten mithören können, unterliegt dies der Mitbestimmung. Der Betriebsrat kann auch dann mitreden, wenn es nicht beabsichtigt ist, die Gespräche aufzuzeichnen oder zu speichern, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschied. (Az. 1 ABR 16/23)

Bundesverwaltungsgericht verhandelt über LNG-Terminal in Lubmin

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Donnerstag über eine Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen den Betrieb des LNG-Terminalschiffs "Neptune" in Lubmin an der Ostsee verhandelt. Die Umwelthilfe kritisiert "massive Klima- und Umweltschäden" durch die schwimmende Anlage, die Flüssigerdgas (LNG) speichern sowie erwärmen und damit wieder gasförmig machen kann. Inzwischen liegt die "Neptune" nicht mehr in Lubmin, sondern im Rügener Hafen Mukran. (Az. 7 A 8.23)

Haft- und Bewährungsstrafen für Steuerhinterziehung in Millionenhöhe in Krefeld

Das Landgericht im nordrhein-westfälischen Krefeld hat zwei Männer und eine Frau wegen Steuerhinterziehung und Betrugs im Baugewerbe mit Millionenschaden zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt. Der Hauptangeklagte soll für drei Jahre und neun Monate in Haft, wie ein Gerichtssprecher am Donnerstag mitteilte. Die beiden Mitangeklagten erhielten wegen Beihilfe Bewährungsstrafen von eineinhalb Jahren beziehungsweise einem Jahr und zehn Monaten.

Textgröße ändern: